Sitzung Seeheim September 2021

Quo vadis Universitätsmedizin und DGOU

Am 17. und 18.09.2021 tagte der Konvent der Universitätsprofessoren für Orthopädie und Unfallchirurgie (KUOU) unter Corona-Bedingungen im Lufthansa-Training-Center in Seeheim. Die Leitung hatten die Sprecher Prof. Rickert, Gießen, Prof. Walcher, Magdeburg und Prof. Madry, Homburg/Saar inne.

Im bekannten Format wurden zu zahlreichen Themen der Universitätsmedizin Vorträge durch Mitglieder des Konventes und von eingeladenen Gästen gehalten. Ein Schwerpunkt lag in diesem Jahr auf der Frage „Quo vadis Universitätsmedizin in O & U“ sowie dem Aspekt, wie sich zukünftig der Konvent in die Weiterentwicklung der DGOU, dem sogenannten MOVE 2025-Projekt, einbringen kann.

Neues aus der Forschung / DFG-Begutachtung 

Prof. Madry informierte uns in seiner Funktion als Präsident der Sektion Grundlagenforschung über aktuelle Sonderforschungsbereiche, Forschungsgruppen und Verbundprojekte mit Beteiligung von Mitgliedern des Konventes. Hierbei wurde deutlich, dass es bei diesen Formen der Forschungsförderung essentiell ist, auch primär fachfremde Fachrichtungen in die Antragstellung zu integrieren. Die Sektion Grundlagenforschung (SGF) verfügt momentan über ca. 170 Mitglieder. Sie ist aktiv auch auf internationaler Ebene, wie z. B. dem Kongress der Orthopaedic Research Society 2020, durch die eigene Gestaltung von wissenschaftlichen Sitzungen . Die Sektion Grundlagenforschung plant die Beiträge zur Grundlagenforschung im Rahmen der Kongressgestaltung des DKOU. Ein aktuelles Positionspapier der Sektion aus dem Jahre 2021 unter Federführung der Herren Huber-Lang und Madry nahm zu aktuell relevanten Forschungsthemen sowie Erfordernissen für optimale Rahmenbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs und erfolgreiche Forschungsanträge Stellung („The future of basic science in orthopaedics and traumatology: Cassandra or Prometheus?“ Eur J Med Res 2021).

Prof. Duda (Berlin) berichtete im Folgenden über den aktuellen Stand der DFG-Begutachtung aus seiner Sicht als Mitglied im Senat der DFG. Es wurde zunächst die Struktur der DFG sowie die Aufgaben und Funktionen der Fachkollegiaten und Ausschüsse vorgestellt. Momentan wird unser Fachgebiet dort durch die Kollegen/Innen Frau Prof. Ignatius, Ulm, Herrn Prof. Hildebrandt, Aachen, Herrn Prof. Pap, Münster und Herrn Prof. Eisenhardt, Freiburg vertreten. Im Besonderen betonte Herr Prof. Duda, dass letzten Endes die Qualität der Begutachtung maximal entscheidend für die Bewilligung der Anträge ist. Er bat alle Gutachter, unbedingt klare und aussagefähige Gutachten zu erstellen und insbesonders diesen Vorgang nicht mit einem „Paper Review“ zu „verwechseln“. Es gehe in einem Gutachten für die DFG nicht darum, diverse Kritikpunkte aufzusuchen und detaillierte Verbesserungen vorzuschlagen, sondern vielmehr festzustellen und auch klar zu kommunizieren, ob der Antrag förderfähig ist oder nicht. Wurde ein Antrag durch den Gutachter als förderfähig eingeschätzt, so sind die Formulierungen innerhalb der Bewertung dann entsprechend prägnant und positiv zu wählen. Die Förderquote der DFG liegt derzeit bei ca. 20%. Ferner informierte Herr Prof. Duda darüber, dass es durchaus möglich ist, dass Anträge überarbeitet und dann in einer zweiten Runde neuerlich begutachtet werden. Pandemiebedingt bestehen derzeit Einschränkungen aufgrund der ausschließlich digitalen Form der Begutachtung und des Austausches zwischen den Gremien.

Abschließend referierte Herr Prof. Heep als Gastredner über die Akzeptanz von Clinician Scientist Programmen bei den LÄKs. Hier scheint es gute Beispiele, wie in Berlin sowie der Ärztekammer Nordrhein zu geben. In der Fläche bestehen hier jedoch noch deutliche Defizite in der Anerkennung dieser Programme durch die Kammern.

Junges Forum und KUOU 

Frau Dr. Hättich aus Hamburg trug als Vertreterin des Jungen Forums der DGOU über die sogenannte Political Correctness in der Ausbildung aus Sicht des Jungen Forums vor.

Hierbei spielen Themen wie das Gendern und die Rolle der Ärztinnen in den chirurgischen Fächern eine besondere Rolle. Frau Dr. Hättich gab zahlreiche Beispiel dafür, dass es den jungen Ärztinnen und Ärzten in ihrer täglichen Arbeit weniger darum geht, dass man sich politisch korrekt verhält, als dass die persönliche Tätigkeit an sich gesehen und gleichermaßen geschlechterunabhängig bewertet wird.

Quo vadis Universitätsmedizin O und U

Herr Prof. Walcher referierte darüber, dass durch das Zusammenspiel von Krankenversorgung, Lehre und Forschung zunehmend Probleme entstehen, durch welche die originäre Arbeit der Universitätsmedizin nicht mehr vollumfänglich, insbes. von den Universitätsprofessoren und den weiteren akademisch tätigen Mitarbeitern, wahrgenommen werden kann.

Maßgelblich sind die ökonomischen Zwänge, die mehr als zuvor die Handlungsfreiheit des Klinikdirektors und Universitätsprofessors einschränken. Von Seiten der Verwaltungen der Universitätsstandorte werden Personalstellen und Investitionen häufig von den wirtschaftlichen Zahlen der Kliniken abhängig gemacht. Zudem wird an vielen Standorten stillschweigend vorausgesetzt, dass die über den Zuführungsbetrag der Länder eingestellten Mitarbeiter vorrangig klinisch eingesetzt werden und sich nur marginal in F&L engagieren können. Dadurch werden die akademischen Freiräume für eine innovative Forschung und eine Professionalisierung der Lehre eingeschränkt.

Neben den genannten ökonomischen Zwängen, die zu einer de facto Personalreduktion in F&L führen, gestaltet sich die Gewinnung des akademisch interessierten Nachwuchses zunehmend schwierig. Schließlich legt der TVÄ mit der Einhaltung der Wochenarbeitszeit durch digitale Zeiterfassung und die Festlegung der Obergrenze der Bereitschaftsdienste weitere Zwänge auf.

Der Konvent der Universitätsprofessoren analysiert derzeit den Ist-Zustand und die Perspektiven für die Umsetzung der originär universitären Aufgaben (s.o.) unter dem Einluß des zunehmenden ökonomischen Druckes und hinterfragt kritisch die zukünftige Ausbildung des akademischen Nachwuchses.

Im September 2021 erfolgte hierzu eine Befragung der Mitglieder des Konventes mittels online Fragebogen. Der Rücklauf betrug über 90%. Die Ergebnisse bestätigten die zunehmende Unvereinbarkeit der Aufgaben in der Universitätsmedizin. Eine Reihe von Vorschlägen wird erarbeitet, wie diese Herausforderungen bei unvermindert hoher Motivation der Hochschullehrer bewerkstelligt werden können.  Die Publikation dieser Ergebnisse ist aktuell in Vorbereitung.

Konvent und 6-Säulen-Konzept der DGOU

Prof. Boullion (Köln) berichtete über das MOVE 2025-Projekt der DGOU sowie dem darin enthaltenen sogenannten 6-Säulen-Modell. Nach den Ausführungen von Prof. Bouillon wird es in den kommenden Jahren unverändert darum gehen, die Breite und die Tiefe unseres Faches darzustellen und mit Inhalten zu füllen, was sicherlich ein Umdenken von vielen kleinen Untereinheiten hin zum großen Ganzen bedeuten wird. Hierbei soll die DGOU für die Breite unseres Faches stehen und die Sektionen und Vereine für die Tiefe des Faches.

Das 6-Säulen-Modell unter dem Dach der DGOU soll sich folgenden Bereichen widmen:

-             Wissenschaft und Forschung

-             Aus-, Fort- und Weiterbildung

-             Berufs- und Gesundheitspolitik

-             Netzwerken

-             Patienten-Partnerschaft

-             Kommunikation / Markenentwicklung

 

Vor allem in den Bereichen Wissenschaft und Forschung sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung ergeben sich sinnvolle Anknüpfungspunkte für den Konvent. Im Bereich der Forschung wäre dieses u. a. die Versorgungsforschung mit unmittelbaren Konsequenzen für die Qualität unserer Behandlungen; ferner das Abhalten von Kursen, in welchen durch den Konvent vermittelt wird, wie man Forschen lernen kann, wie gute Ideen zu Publikation gebracht werden und wie erfolgreich Forschungsanträge gestellt werden können.

Weitere sinnvolle Verbindungen zwischen KUOU und DGOU sind in der Weitergabe der eigenen Erfahrungen in Führungspositionen im Dreiklang von Krankenversorgung, Lehre und Forschung zu sehen. An dieser Stelle sind die Mitglieder des Konventes offen für die Einbindung in Projekte, die unser Wissen und unsere Erfahrungen in die Fachgesellschaft im Rahmen strukturierter Projekte einbringen, und somit der Weiterentwicklung der universitären O&U dienen.

Wie bereits im Vortrag von Herrn Prof. Walcher über den Ist-Stand und die Aussichten der Universitätsmedizin in O & U klar dargestellt werden konnte, so sind es neben der Bereitstellung angemessener personeller Ressourcen für Forschung und Lehre die Gewinnung und Förderung exzellenter Wissenschaftler/Innen und Hochschullehrer/Innen, die über unsere Bedeutung an den Universitätsstandorten in Deutschland maßgeblich entscheiden werden.

Hierzu steht der Konvent der Universitätsprofessoren für Orthopädie und Unfallchirurgie im Schulterschluss mit der DGOU gerne zur Verfügung. Wir sehen uns als Teil des DGOU-Netzwerkes, welches die Zukunft der DGOU inhaltlich und strukturell ausmachen wird.

 

Autoren: Prof. Markus Rickert, Prof. Henning Madry und Prof. Felix Walcher

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