Medizinstudium: Integration von O und U in Chirurgie

Am 13. und 14. April 2018 tagte der Konvent der Universitätsprofessoren für O und U (KUOU) im Lufthansa Training Center in Seeheim unter der Leitung der Sprecher Prof. Dr. Felix Walcher, Magdeburg, Prof. Dr. Markus Rickert, Gießen, und Prof. Dr. Thomas Pap, Münster. Entwicklungen, Änderungen und Neuigkeiten in den maßgeblichen Bereichen der universitären Medizin in Orthopädie und Unfallchirurgie, Krankenversorgung, Lehre und Forschung wurden erstmals in „Foren“ besprochen. Zukünftig werden diese Themengebiete im Rahmen der jährlich im Frühjahr stattfindenden Sitzungen des Konventes behandelt. So erhält die Arbeit des Konvents ein stringentes Format, um die Mitglieder umfassend zu informieren.
Mittel aus dem G-BA-Innovationsfonds
Auf großes Interesse stießen die Beiträge von Prof. Dr. Felix Walcher, Prof. Dr. Wolfgang Böcker und Prof. Dr. Dr. Pol Maria Rommens zum Innovationsfonds des G-BA. Neben den Rahmenbedingungen und Laufzeiten dieses Förderinstrumentes konnte bereits konkret über Erfahrungen in der Antragstellung berichtet werden. Die Bereitstellung der Mittel aus dem G-BA-Innovationsfonds, die Notwendigkeit der Vernetzung und die Möglichkeiten der Beantragung über 2018 hinaus werden als sehr attraktiv angesehen; am besten zukünftig für einen übergeordneten Projektbereich wie „Muskuloskelettale Erkrankungen und Verletzungen der modernen alternden Industriegesellschaft“. Die Vortragenden stehen allen Interessierten gerne für weitere Informationen zur Verfügung, auch vor dem Hintergrund, dass O und U in den bisherigen Beantragungsrunden nur sporadisch vertreten waren.
Wissenschaftlicher Nachwuchs
Gina Grimaldi vom Jungen Forum O&U stellte dem Konvent interessante Ergebnisse zur Zufriedenheit sowie zu den Erwartungen und Perspektiven des klinischen und wissenschaftlichen Nachwuchses in unserem Fach vor. Schlüsselrollen nehmen hierbei unverändert folgende Aspekte ein:
- eine qualitativ hochwertige und gut strukturierte Weiterbildung,
- eine angemessene Work-Life-Balance,
- ein produktives und gutes Arbeitsklima mit regelmäßigem Feedback (Sicherheit am Arbeitsplatz, Wertschätzung, angemessener Workload),
- ein Weiterkommen im Beruf mit Karrieremöglichkeit (Mentorenprogramme, Fellowships, Bereichszuteilungen).
Prof. Dr. Udo Obertacke, Mannheim, erläuterte eine wichtige Entwicklung im gemeinsamen Fach im Rahmen des Masterplans (MP) Medizinstudium 2020, der von der Bundesregierung verfolgt wird, und unter anderem curriculare Veränderungen im Medizinstudium vorsieht. Es besteht die Notwendigkeit der Positionierung des Faches O und U im Kanon der Leistungsnachweise (LN). Bisher findet sich die Lehre der Unfallchirurgie im klinischen Studienabschnitt in der Chirurgie im LN 5 wieder, wohingegen die Orthopädie den eigenen LN 15 repräsentiert.
In der aktuell gültigen Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) aus dem Jahr 2002 ist der Umschwung zum Fach O und U nicht berücksichtigt. Die Umsetzung von Entwicklungen innerhalb der Leistungsnachweise und geänderter Bedingungen lässt die ÄApprO jedoch zu. Dies kann durch eine Änderung der Studienordnung der Universitäten (§ 27,2) geschehen. Mit der aktuellen Einladung des IMPP (Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen) an die Fachgesellschaften zur Mitgestaltung eines „kompetenzbasierten Lehrzielkatalogs“ im MP 2020 wird die Thematik der Zugehörigkeit wieder aktuell. Da die große Anzahl der Leistungsnachweise im MP 2020 grundsätzlich reduziert werden muss, ist nicht davon auszugehen, dass ein eigener Leistungsnachweis O und U entwickelt werden kann.
Gemeinsames Fach im PJGleichermaßen ist neben der Entscheidung der Positionierung von O und U im klinischen Studienabschnitt die Zuständigkeit des gemeinsamen Faches im Praktischen Jahr (PJ) entscheidend. Auch hier sind die Variationsmöglichkeiten in einer Publikation von Prof. Dr. Miriam Rüsseler (AG Lehre 2010) hinreichend erläutert worden. Schert die Unfallchirurgie aus der Chirurgie aus, würde die Chirurgie eine große Anzahl an curricularen Lehrinhalten verlieren. Die Orthopädie/ Unfallchirurgie würde als eines der größten Fächer (und klinischen Versorger) im PJ ein Wahlfach, also fakultativ werden, die Chirurgie ebenso entscheidend geschwächt. Mit der Integration von O und U in die Chirurgie würde das gemeinsame Fach erheblich gestärkt und gleicherweise damit auch wiederum die Chirurgie. Im aktuellen kompetenzbasierten Lernzielkatalog der Chirurgie (NKLC) sind mehr als 50 Prozent der Lernziele aus O und U. Dieser NKLC wurde maßgeblich von O und U mitgestaltet. Nach sehr ausführlicher Diskussion dieser Punkte erfolgt die Abstimmung der Delegierten einstimmig zugunsten der Integration von O und U in die Chirurgie, sowohl im klinischen Studienabschnitt als auch curricular im PJ.
Entwicklung des FachsVier Jahre nach Gründung des gemeinsamen Konvents in Dresden wurde ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung des Faches an einzelnen Standorten gelegt. Hierzu berichteten Prof. Dr. Klaus-Peter Günther, Dresden, Prof. Dr. Andreas Roth, Leipzig, und Prof. Dr. Norbert Südkamp, Freiburg, über ihre Erfahrungen mit universitären Organisationsformen, bei denen Sektionen und Bereiche, die sich über Krankheitsbilder oder Behandlungsformen definieren, im Vordergrund stehen, und gemeinsam im Kollegialsystem berufener W-Professuren geleitet werden. Sehr positiv wurde in dieser Runde aufgenommen, dass in Freiburg zusätzlich zu den bestehenden Strukturen eine W3-Position für Orthopädie eingerichtet werden soll.
Die Erfahrungen aller zeigten eindrücklich, dass für diese Strukturen ein hohes Maß an Kollegialität und Kommunikation auf allen Ebenen erforderlich ist, um das Fach an den medizinischen Fakultäten breit und zukunftssicher aufzustellen.
An dieser Stelle schlossen sich Berichte der Kollegen Prof. Dr. Joachim Windolf und Prof. Dr. Rüdiger Krauspe aus Düsseldorf an, wo Fakultät und Universitätsklinikum festgelegt haben, dass eine gemeinsame Klinikstruktur mit mehreren W2-Professuren unter einem Direktorat für das gemeinsame Fach O und U entstehen soll. Hierzu wird in Düsseldorf als Nachfolge für Krauspe (W3) eine W2-Professur für Spezielle Orthopädische Chirurgie und Osteologie ausgeschrieben, was im Konvent und zwischen den aktuellen Stelleninhabern kontrovers diskutiert wurde, da es unverändert einstimmige Auffassung des Konvents ist, dass O und U an den Universitäten durch mindestens „2x W3 plus X“ vertreten werden sollen.
Website in ArbeitAuf dem Meeting wurde auch die Website des Konvents vorgestellt, die zukünftig unter der Adresse www.kuou.de erreichbar sein wird. Sie soll kompakt über den Konvent und seine Aktivitäten in allen Bereichen informieren. Die Online-Präsenz ist als Satelliten-Website der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) im Corporate Design der Fachgesellschaft angelegt und wurde mit der tatkräftigen Unterstützung von Maria Hauk vom Team Online-Kommunikation der DGOU entwickelt und aufgesetzt. Wir informieren wieder, wenn die Online-Präsenz an den Start gegangen ist und freuen uns dann über Anregungen und Kommentare dazu.
Abgerundet wurde das Treffen durch einen geladenen Vortrag des Dekans der Medizinischen Fakultät Gießen, Prof. Dr. Wolfgang Weidner, zu den Erfahrungen und Chancen im Zuge der Privatisierung eines Universitätsklinikums.
Autor: Prof. Dr. Markus Rickert
Quelle:
„Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten“, Ausgabe 4/2018, Springer Medizin, doi.org/10.1007/s41785-018-0596-z